Samstag, 1. Februar 2020

Tage in Grün

Wir wollen Strecke in den Norden machen, endlich in wärme Gefilde. Zwei Tage lang fahren wir durch das Reservat, entlang von Seen, kleinen Rinnsalen und reißenden Flüssen. Ein Urwald, der sich hier bei so viel Wasser bildet ist so dicht, dass man kaum einen Schritt rein machen kann. Immer wieder entstehen in den Hängen kleine und größere Wasserfälle, die das Grün durchbrechen, gespeist von den Gletscherspitzen. Insgesamt sind dies "Tage in Grün", alle möglichen Abstufungen sind zu sehen, von blassen, gelbgrünen Gewässern über knalliges grasgrün zu tief dunkelgrünen Baumblättern. Erstaunlich, dass wir schon über 2 Wochen unterwegs sind und fast jeden Tag eine neue Landschaft vorfinden.

Die Strassen waren anfangs in katastrophalem Zustand. Was uns zweifeln lässt, dass wir es bis Abends nach Puerto Cisces schaffen können. Als ein unverdächtiges gelbes Schild mit Bauarbeitern drauf läutete die Wende ein: Baustelle auf der Straße, aber was für eine…

Öfters müssen wir warten, weil die Straße nur auf einer Bahn passiert werden kann. Über mehrere Stunden sehen wir nur Baufahrzeuge, hunderte Bauarbeiter (über den ganzen Tag werden es sogar über tausend gewesen sein). Seitenstreifen werden abgeholzt, Felsen gesprengt, Strassenbelag aufgetragen. Als ein Schild das Ende der Arbeiten ankündigt, befinden wir uns auf einer perfekt ausgebauten Straße.

So kamen wir wie geplant in Puerto Cisces an. Leider sah die Unterkunft wenig vertrauenserweckend aus. Adresse war nicht exakt, kein Besitzer da, nur ein schlecht geschriebener Zettel. Ich fühlte mich wie bei einer Escape-Room-Rätzelei, nur dass wir rein wollten. Gebaut aus Pressspannplatten und an den guten Stellen mit Wellblech veredelt. Auf den ersten Blick nicht umwerfend, auf den zweiten auch nicht, aber mit Schlafsack auf der Pritsche dachten wir uns, werden wir die Stunden bis zum Morgen schaffen, wenn geht´s weiter. Den eigentlich günstigen Preis wollte er dann nochmal ganz böse hochtreiben, was wir aber abblockten. Beim Erkunden des Fischersdorfes gab es Merluza Fisch und im Stadtzentrum entdeckten wir die beste (weil einzige) Cerveceria der Region. Dort hatte unser Vermieter seine Freundin zu Pommes und Bier eingeladen. Dafür hätten wir natürlich Verständnis gehabt, da wäre sicher doch ein Aufpreis drinn gewesen.

Bier war wirklich gut - regionales Ale - frisch gezapft und dann haben wir die Unterkunft gut gelaunt in Beschlag genommen. Die Betten waren tatsächlich so gut, dass wir die Schlafsäcke nicht brauchten. Auch die Bäder machten einen vernünftigen Eindruck, damit haben wir unserer günstigsten Unterkunft bisher auf den dritten Blick doch noch etwas abgewinnen können.

Der nächste Tag begann noch früher als sonst, wir hatten 12 Stunden bis Bariloche vor uns, plus Grenzübergang. Diesmal ganz simpel, es war ein deutschsprachiger Argentinier, der in zweiter Generation hier geboren wurde, aber immer noch einen österreichischen Pass hat. Er freute sich, seine Deutschkentnisse zu nutzen und uns durch zu winken.

Noch im Hellen kamen wir in Bariloche an.

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